Gruppenreisen unter Coronabedingungen – wie geht das?

Drei Kollegen aus dem Verband der Studienreiseleiter e.V. waren in der Saison 2020 unter Coronabedingungen  mit Gästen unterwegs und haben sich die Mühe gemacht, von ihren Erfahrungen zu berichten. Dafür danken wir den geschätzten Kollegen Dr. Marie-Luise Schmeer-Sturm, Mag. Harald Geier und Christian von Zameck-Glyscinski ganz herzlich.

Busreise durch Burgund – 27.9.-03.10.2020

Die Teilnehmer sind vorab von mir über das Hygienekonzept informiert worden:
Nach den gesetzlichen Regelungen dürfen  zwar alle Sitzplätze im Bus besetzt werden, aber wir hatten von Seiten des Veranstalters ein Hygienekonzept, das darüber hinausging:

  •  Beschränkung der Teilnehmerzahl: Jeder Reisende belegt alleine einen Doppelsitzplatz. Die Plätze werden versetzt zugewiesen.
  • Handdesinfektionsmittel
  • Gesichtsmaskenpflicht während der Fahrt
  • gute Belüftung des Busses und 15-min. Pause alle 2 Stunden
  • Reihenweises Ein- und Aussteigen aus dem Bus (Abstandsregelung). Gäste, die vor dem mittleren Einstieg sitzen, benutzen den vorderen Ein- bzw. Ausgang
  • Audiosystem, um Abstand während der Führungen zu gewährleisten.”

Zusätzlich wurden die Gäste vom Busveranstalter mit Informationsmaterial versorgt:

  • Infos vom Omnibusverband
  • Quarantäneverordnungen,
  • Adressen, an die man Testergebnisse schicken muss,
  • Aussteigekarte, die vom TN ausgefüllt werden muss, wenn das Reiseland während der Reise zum Risikogebiet wird und die der Busunternehmer dann an das zuständige Gesundheitsamt schickt.

Tatsächlich wurde Burgund dann tatsächlich während der Reise Risikogebiet. Wir ließen uns, nachdem die Autobahnteststationen Ende September aufgelöst worden waren, dann alle auf der Rückfahrt um 15 Uhr am Flughafen in Stuttgart testen, was reibungslos ohne Warten und sehr schnell funktionierte. Ich erklärte für die ganze Gruppe, dass wir in Burgund waren (Reisenachweise erforderlich). Einige, die die Corona-App auf dem Handy hatten, erhielten sogar am gleichen Abend noch die Testergebnisse. Die anderen, die den QR-Code eingegeben hatten, am nächsten Tag, und wer keinen Computer hatte, einige Tage später per Post.

Vor Ort war im Hotel (Mercure, Dijon) und bei den von der Agentur organisierten Essen alles bestens vorbereitet mit Desinfektionsmitteln, Organisation der Wege und Abstände beim Essen. Die Gruppe bekam im Hotel sogar einen eigenen Raum und war damit “unter einer Schutzglocke”. Die Museen und Kirchen waren leer, Höchstteilnehmerzahl im Hospital in Beaune war 20.

(Auf einer Burg in Hessen, wo wir auch im September waren, musste die Gruppe von 20 in 3 Untergruppen aufgeteilt werden, was einen ziemlichen Zeitverlust ergab).

Vorbereitete Teilnehmerlisten mit Adressen und sonstigen Kontaktdaten wurden weder in den Museen, noch in den Kirchen oder Restaurants verlangt. Unbefriedigend war die Situation in den Restaurants in der Freizeit, die zum Teil sehr gut besetzt waren. Es wurde laut gelacht (Aerosolwolken!) und viel zu wenig auf Abstände geachtet.

Zum Glück wurde niemand krank, sonst hätte er/sie isoliert werden müssen und man hätte ihn/sie vor Ort testen lassen müssen, ob er Corona hat (hatte mich vorab über die Testmöglichkeiten in Dijon informiert). Der  Teilnehmer hätte im Fall einer Infektion im Hotel in Quarantäne bleiben müssen. In Absprache mit dem Busunternehmen hätte man dann wohl auch die örtlichen Behörden informieren und womöglich die ganze Busgruppe vor Abreise testen lassen müssen.

Hoffentlich bleibt uns dieses Procedere wie dieses Mal auch in Zukunft erspart!

Dr. Marie-Luise Schmeer-Sturm

 

Deutschland, Österreich, Schweiz, Italien – Juni bis Oktober 2020

Meine Einsätze/Erfahrungen beziehen sich auf: Tirol, Südtirol, Schweiz, Bayern (Juni-September) Gardasee, Oberitalien, Mailand, auch Bergamo + Cremona, Venedig (Oktober)
Bayern: Oberammergau + Schloß Linderhof

     

Reiseveranstalter, die derzeit fahren, haben die Busse zumeist nur zur Hälfte besetzt.

  • Dazu kommen zum Teil außerordentlich viele Stornos bis zur letzten Minute – (vor allem bei Flughafenabholungen).
  • Viele Hotels boten dieses Jahr keine herkömmlichen Frühstücksbuffets an (meist wurde das Frühstück auf Anfrage von den Kellner/innen zusammengestellt und an den Tisch gebracht -> was viel mehr Zeit in  Anspruch nimmt !).
  • Ständige Temperaturmessungen bei Einlässen, Hotels, Flughäfen usw .. ,           Kontaktdatenblätter. Wichtig: die jeweiligen konkreten Bestimmungen vor Ort zu beachten! In Italien muß z.B. das Busunternehmen/der Fahrer eine          Kontaktdatenliste der Teilnehmer ständig mit sich führen.
  • Maximale Gruppengrößen bei Einlässen und auch bei Führungen teilweise unter 20 Personen.
  • Ein Problem für die Reiseveranstalter unter diesen Bedingungen ist, dass sie Besichtigungen/Führungen zum Teil doppelt buchen oder 2 Personen einsetzen müssen. Zum Teil mussten manche Programmpunkte 2x hintereinander wiederholt werden (z.B. Übersetzungen Geigenbauwerkstatt, Weingut).
  • Andererseits ist es auch für den Veranstalter bis zum letzten Moment sehr schwer abschätzbar, wieviele Gäste wirklich erscheinen werden! Zum Teil neigen die Kunden scheinbar dazu, sich erst im letzten Moment krank schreiben zu lassen. ( …. um dann die entsprechende Versicherung in Anspruch nehmen zu können?).
  • Die Situation änderte sich teilweise dermaßen schnell, dass die Einschätzung des jeweiligen Risikos einer Region in der Zeit zwischen Reisebeginn und Reiseende differierte, bzw. man während des Reiseverlaufs mit geänderten Maßnahmen konfrontiert war.
  • Ständiger Kontakt und Absprache mit dem Reiseveranstalter, um eventuell kurzfristig Entscheidungen treffen zu können, erwies sich in der Praxis als unabdingbar (Extrem wichtig: Erreichbarkeit der maßgebenden Personen!)

Während man in Österreich über den Sommer etwas lockerer mit dem Thema umgegangen ist, lassen sie in Italien gar nicht mit sich spaßen und es ist überall offensichtlich, dass die Bevölkerung die Vorschriften sehr ernst nimmt, was unsere Gäste auch sehr beeindruckte.

Es ist sehr wichtig, die Gäste konsequent auf die bestehenden Vorschriften vor Ort aufmerksam zu machen und diese auch gegebenenfalls in der Gruppe durchzusetzen. Dies besonders auch weil z.B. in Italien das Ganze rigoros überprüft wird (von der Polizei) und empfindliche Strafen drohen, wenn man verpflichtende Richtlinien zu wenig ernst nimmt (Gruppengröße, maximale Personenzahl pro Tisch, Abstandsregeln, Maskenpflicht). In der Regel waren meine Gäste sehr kooperativ, allerdings habe ich von Kollegen auch durchaus Gegenteiliges gehört.

Als Reiseleiter muss man natürlich selbst “mit gutem Beispiel” vorangehen, zum Teil auch durchaus penetrant ;-). Der zwischenmenschliche Kontakt zu den Gästen ist mit Masken, ohne sichtbare Mimik, natürlich viel schwieriger zufriedenstellend herzustellen. Man muss verstärkt auf Gestik + kurze Phrasen zurückgreifen (z.B. beim Betreten des Speisesaals, beim ersten Aufeinandertreffen morgens, .. ).

Generell merkt man, auch von Seiten der Kunden, dass Herzlichkeit jetzt viel öfters ausgesprochen wird. Schwierig wird es natürlich auch, wenn Gäste irgendwelche Verschwörungstheorien diskutieren wollen.

Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass die Gäste sich am Ende der Reise durch die Bank sehr zufrieden darüber geäußert haben, das “doch” gemacht und eine wunderschöne Zeit erlebt zu haben (“obwohl doch zu Hause alle gesagt haben …..”).

Ein Vorteil war freundlicher Empfang überall! Der zweite war Städte wie Venedig mehr oder minder “für sich“ zu haben, warteschlangenfreier Eintritt an Orten, an denen man sonst oft stundenlang warten muss (Mailänder Dom, Dogenpalast Venedig, Campanile), überall die besten Plätze (z.B. Schiffsfahrt, Flughafenabholung).

Für den Reiseleiter bleibt festzuhalten: Die Gäste wollen (offensiv) informiert werden! Wie ist die aktuelle Situation in der Stadt, die wir heute besuchen werden, wie war die Situation im Frühling,

Informationen über lokale Gesundheitssysteme und politische Hintergründe (Parteienlandschaft, Standpunkte) und z.B. auch über Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt, staatliche Hilfsmaßnahmen und deren Umsetzung in der Praxis. Es sollte nicht versucht werden, das Thema Corona auszuklammern, sondern vielmehr ist ganz wichtig es in den Reiseverlauf zu integrieren. Die Gäste erwarten vor allem von einem, dass man über die jüngste Entwicklung vor Ort jeweils gut informiert ist, auch bei Rundreisen.

Mag. Harald Geier

 

Reisen in Zeiten von Corona – Erfahrungen von Juli  bis Oktober 2020

Juli

Eine Seniorengruppe kam für 3 Tage nach Potsdam. Die Veranstalterin hatte Audio-Anlagen mitgebracht und so konnten alle Führungen problemlos mit Mindestabstand durchgeführt werden. Es gab mehr Zeit als sonst üblich für die Museen – entweder durften nur 8er Gruppen in 10 Minuten Intervallen mit vorgebuchtem Zeitfenster eingelassen werden, oder es wurde ein Einbahnstrassen-System organisiert – jedoch nicht barrierefrei! Mit 16 Rollatoren 40 Stufen bewältigen? Nach einigem Telefonieren und freundlicher Hilfe der Bereichsleitung durften alle durch den Ausgang eintreten.

Maskiert, frisch desinfiziert und mit Abstand zum Nachbarn….  So erlebt man Rembrandt und Rubens in der Bildergalerie heute. Trotzdem waren die Parks und Schlösser wunderbar und die Gäste bester Laune.

Eine Busreise in die Provence. Das Hygienekonzept: hinten Ein-/Ausstieg, Desinfektionsspender beim Einstieg, Sitzreihe hinter Busfahrer und Reiseleiter frei, Vordereinstieg nur für Reiseleiter und Busfahrer. Toiletten nur im Notfall offen und Maskenpflicht. Da die Gruppe klein war, konnten alle mit Abstand und im Zick-Zack Muster platziert werden. Die Gruppe war diszipliniert und in der Provence waren wir teilweise der einzige Reisebus.

So leer wird man Avignon und Arles kaum jemals wiedersehen. Wir hatten Audio-Anlagen und keine Probleme mit Abständen – aber viele Geschäfte waren geschlossen. Auf dem Markt in Saint Remy trugen alle Masken – obwohl gut besucht – kein Gedrängel. Am Strand von Sainte Maries de la Mer viel Platz und mindestens 5 Meter Abstand zwischen den Handtüchern. Im Hotel war man glücklich, überhaupt Gäste zu haben und wir wurden verwöhnt. Es gab kein Büfett – aber alle Wünsche wurden erfüllt.

August

     

Es gab einige Tagesfahrten von Berlin nach Brandenburg und Mecklenburg. Die Busse waren gut besetzt und alle mussten Masken tragen. Trotzdem waren Reiselust, Freude unterwegs zu sein und raus zu kommen groß. Immer eine Gästeliste für die Restaurants übergeben – dann hat man schon das Bedienungspersonal zum Freund.

Im Elsass das gleiche Bild von Leere auf den Busparkplätzen wie in der Provence. Strasbourg und Colmar im Hochsommer, aber wenige Franzosen und Touristen. Nette Cafés und Restaurants mit viel Platz auf den Terrassen. Das Museum „Unter Linden“ ohne langes Anstehen in der Gruppenschlange, viel Platz im Museum.

ISeptember

Wieder mit einer Busgruppe wieder Frankreich: Burgund, Loire und Champagne. Ein alter Franzose in Blois wollte unbedingt den Reisebus anfassen – er hielt ihn für eine Fata Morgana und hatte schon seit Monaten keine Touristen mehr gesehen. Auch hier war Maskenpflicht im Bus, Hotel und am Büfett. Für die Reisenden eine Sache der Disziplin und der Preis für eine schöne Reise.

Wieder mit einer Busgruppe ins Elsass. Diesmal waren schon 2-3 Busse auf dem Parkplatz. Jedoch kamen Reisewarnungen für Frankreich und weitere Reisen wurden abgesagt.

Lange keine Deutschlandreise gemacht. Aber an der Mosel zur Weinlese kann man nichts falsch machen. Zwar sind alle Weinfeste abgesagt, aber guten Wein kann man auch ohne Weinkönigin trinken.

Oktober

Die Herbstferien –aufgrund von Beherbergungsverboten und steigenden Coronazahlen  wurden diverse Reisen abgesagt. Dann durch Gerichtsentscheidungen und durch einige vernünftige Ministerpräsidenten/innen wieder gekippt ……

  Es war entsprechend doch noch eine Busgruppe über Thüringen zur Deutschen Weinstrasse möglich. Im Hotel Frühstücksbüfett – jeder Gast erhält Stoffhandschuhe – das Beste Hygienekonzept der ganzen Saison! Hier erhalten alle Schlösser/Museen/Stadtführer Teilnehmerlisten – falls nachverfolgt werden müsste.

Fazit: Reisen ist möglich, aber es kommt darauf an wie man reist. Die Gruppen sind kleiner. Audioanlagen sind ein muss und immer genug Teilnehmerlisten kopieren. Es waren weniger Reisen als sonst, dafür genug Zeit zum Erholen zwischen den Reisen. Die Hotels und Restaurants halten sich an die Hygienekonzepte. In den Hotels erfolgt die Zimmerreinigung nach Absprache mit der Rezeption, nicht automatisch täglich. Ab der zweiten Reise ist Routine eingetreten. Wenige Reisende stören sich an der Maskenpflicht. Aber wer sich nicht anpassen kann? Der bleibt zuhause und ist sowieso nicht gruppentauglich.

Christian von Zameck-Glyscinski