Seit Beginn der Corona-Pandemie sind immer mehr Veranstalter dazu übergegangen, Reisen für kleinere Gruppen anzubieten. Die Planungen für das kommende Jahr lassen darauf schließen, dass Studienreisen mit einer Mindestteilnehmerzahl von 25 oder sogar mehr Gästen mittlerweile kaum eine Zukunft haben. Deshalb hatte der Verband am 11.12. zu einem digitalen Erfahrungsaustausch zum Thema “Kleingruppen erfolgreich führen” eingeladen. Abgesehen von praktischen Überlegungen und pandemiebedingten Vorgaben, ist zudem in der gesamten Reisebranche festzustellen, dass die Kunden immer individueller betreut werden wollen und auch deshalb bevorzugt in Kleingruppen reisen. Dabei stellt sich die Frage, ab welcher Teilnehmerzahl eine Reisegruppe als Kleingruppe zu definieren ist.

Aufgrund subjektiver Wahrnehmungen und Erfahrungen, waren die  Einschätzungen der Vor- und/oder Nachteile einer Kleingruppe sehr unterschiedlich. Einvernehmlich berichteten viele Kollegen/innen, dass das Reisen mit einer Kleingruppe viele logistische Vorteile bringe, wie z. B. die flexiblere zeitliche Einteilung und Gestaltung des Tagesprogramms. Andererseits ist der Anspruch des Einzelnen an den Reiseleiter deutlich höher, als in einer großen Reisegruppe. Alle Teilnehmer/innen bestätigten aus eigener Erfahrung bei Kleingruppen-Gästen allgemein höhere Ansprüche, die z.T. nur schwer erfüllbar waren.

Ferner werden von Gästen einer Kleingruppe häufiger indiskrete, persönliche Fragen an den Studienreiseleiter gestellt. Gleichzeitig kommunizieren die Gäste eher Privates und erwarten empathisches Interesse von Seiten des Reiseleiters. Übereinstimmend berichteten alle Teilnehmer/innen, dass es schwieriger sei, Abstand zu den Kunden bzw. ihren privaten Befindlichkeiten zu halten. Kleingruppen entwickeln außerdem häufig eine extreme innere Gruppendynamik, die sehr stressig sein kann.

Entsprechend ist für einige Studienreiseleiter/innen die Reiseleitung einer Kleingruppe mit größerem Arbeitsaufwand verbunden, macht andererseits jedoch mehr Freude. Dem stimmten allerdings nicht alle Beteiligten zu. Einige Diskussionsteilnehmer/innen waren der Meinung, dass größere Gruppen erheblich einfacher zu führen seien. Obwohl Kleingruppen eher zusammenwachsen, ist es ein Nachteil, dass man, wie ein Kollege mit langjähriger Erfahrung feststellte, „auf Gedeih und Verderb“ der Gruppe ausgeliefert sei. Übereinstimmend stellten die Teilnehmer/innen fest, dass das Reisen mit einer Kleingruppe zudem die zur Verfügung stehende arbeitsfreie Zeit der Reiseleitung wesentlich reduziere.

Da es nicht Sinn des Austauschs war, unbedingt zu einem Konsens zu kommen, ließ der Vorstand das Fazit der Diskussion bewusst offen. Trotzdem fanden alle Teilnehmer/innen den intensiven Erfahrungsaustausch hochinteressant und bereichernd. Wir werden daher im Neuen Jahr 2022 den Austausch zum Thema fortsetzen. Darüberhinaus werden wir professionelle psychologische Expertise hinzuziehen.

 

Peter Weinert